''Führen mit Mass'' und Bürokratie

Milian Schenk - 31.Juli.2020

Die Ressourcen zahlreicher Organisationen werden immer mehr zur Bewältigung der ständig steigenden Bürokratie eingesetzt. Hierzu die Sichtweise von ''Führen mit Mass''.

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Eine der für mich offensichtlichsten Gefährdungen für Zukunftsfähigkeit ist die überall zunehmende Bürokratie.
Prozesse, Checklisten, Formulare, Verträge - ein ganzes Sammelsurium von Instrumenten, da zur angeblichen Bewältigung der Komplexität unserer heutigen Wirtschaftswelt.
All dies führt dazu, dass im Verhältnis immer weniger Arbeitszeit für wertschöpfende und zukunftsgerichtete Tätigkeiten aufgewendet wird. Spricht man mit Menschen über die Bürokratie und deren zunehmend negativen Auswirkungen auf die Unternehmen, wird sie oftmals als "notwendiges Übel", ja geradezu als alternativlos beschrieben.

Natürlich gibt es eine Zunahme an Regulatorien und Gesetzen, welche es einzuhalten gilt. Aber das darf meiner Meinung nach nicht darüber hinweg täuschen, dass ein Grossteil der Bürokratie hausgemacht ist.
Wie ich das meine? Genau so!

In Unternehmen gibt es zahlreiche Ursachen, die aufgrund fehlender Mässigung entstehen und zu Bürokratie führen.

  • fehlendes Vertrauen:
    Das Wichtigste zuerst. Bürokratie ist mitunter immer ein Symptom von mangelndem Vertrauen in der Organisation. Der Zusammenhang liegt auf der Hand. Werkzeuge wie Reporting, umfassende Regelwerke, Freigaben, automatisierte Pendenzenlisten, detaillierte Erfassung von Arbeitszeiten, Führen mit immer genaueren Zielen etc. sind Werkzeuge, die Kontrolle und Steuerung beabsichtigen. Sie zeugen von Misstrauen, Angst sowie einer Kontrollillusion der Führung. Fehlt es beim Vertrauen an richtigem Mass, nimmt die Bürokratie schnell überhand.
  • Unangemessener Umgang mit Risiken:
    Menschen haben verlernt, massvoll mit Risiken, genauer Restrisiken, umzugehen. Auch wenn das Restrisiko minimal und der Aufwand zu dessen Behebung bekannterweise immens ist, schmälert das in keinster Art und Weise den Aufwand, der dazu betrieben wird, auch diese Lücken noch zu schliessen.
    Objektiv betrachtet, kann man in den meisten Fällen gar nicht mehr von Risiken sprechen. Dennoch hält die Suche nach der ultimativen Sicherheit ganze Abteilungen nicht davon ab, komplette Unternehmen mit immer mehr Kontrollmechanismen und damit Bürokratie zu überziehen.
  • Falscher Umgang mit Fehlern:
    Jeder spricht davon, dass Fehler zum Lernprozess und damit zur Innovation gehören. Dass niemand perfekt ist. Dass man unternehmerisch handeln, entscheiden und damit auch gewisse kalkulierbare Risiken eingehen soll. Dass das Ergebnis zählt und weniger der Weg dorthin.
    Welche Sprache spricht aber die Organisation? Oftmals genau das Gegenteil. Umfassende Checklisten, Prozesse und Regelwerke limitieren den Handlungsspielraum solange, bis nur noch die Sorgfaltspflicht bleibt. Weil man nicht massvoll mit Fehlern und Individualität umzugehen weiss und deren positiven Seiten nicht wertschätzt.
  • Interne ''Kunden'':
    Wie oft habe ich Menschen in Unternehmen von internen Dienstleistern und internen Kunden sprechen gehört und mich darüber geärgert. Der Kunde ist ausserhalb des Unternehmens zu finden. Und nur da.
    Im Unternehmen sind wir alle nur Dienstleister im Sinne des Kundennutzens. Würde man sich darauf fokussieren, was der Kunde wirklich will, würde viel Bürokratie obsolet. Den Kunden interessiert nämlich nicht, wieviele Unterschriften wir benötigen, um einen Firmenwagen zu benutzen.

Das wirklich Dramatische ist aber der Teufelskreis, in dem man sich als Unternehmen nur zu schnell wiederfindet.
Die ganzen Werkzeuge, Prozesse und Vorgaben wollen schliesslich auch unterhalten und ''optimiert'' werden. Was mehr Mitarbeiter benötigt, die sich darum kümmern und nach ''Abweichungen'' suchen. Die Behebung dieser ''Abweichungen'' führt wiederum zu neuen Vorgaben, was die Schaffung weiterer Ressourcen bedingt usw. Ganz von alleine und ohne Anstoss von aussen.
Am Schluss kümmern sich mehr Menschen im Unternehmen um die Befriedigung "interner Kundenbedürfnisse" als um die Wertschöpfung für den wirklichen Kunden. Genau dieser Teufelskreis gefährdet so ziemlich jeden Aspekt der Zukunftsfähigkeit.

Alles der Komplexität und externen Einflüssen zuzuschreiben und sich in die Opferrolle zu begeben ist deswegen zu einfach.
Wer trotz zunehmender Regulatorien und Komplexität der Umwelt seine Zukunftsfähigkeit erhalten will, muss es schaffen, Bürokratie durch Mässigung zu ersetzen. Wie immer bei ''Führen mit Mass'' geht das nicht von heute auf morgen. Auch darf man nicht davor zurückschrecken, vieles, mitunter auch sich selbst, zu hinterfragen. Aber ich bin überzeugt, es lohnt sich.

Für zukunftsfähigere Organisationen und zufriedenere Menschen.

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